12 Mrz „Wieder Reif für die Inseln“ und „die Rücktour mal etwas anders“
D.Kießling und Crew:
(Reisebericht SY „SPICA“ Saison 2011-2012)
November, das Wetter in Berlin wird langsam ungemütlich, es ist naßkalt und die Tage sind kurz. Zeit, in den Süden zu fliegen.
Bereits das 5. Mal ist die Karibik unser Ziel. Deshalb war die Anreise fast schon Routine. Mit dem Flieger über Paris Orly nach Fort de France auf Martinique und von da per Mietwagen zur Marina Le Marin. Dort angekommen- ein schneller Spurt über die Steganlagen zum Liegeplatz von „SPICA“ und dann der erste Eindruck- alles in Ordnung. Das Boot hatte die Hurricane Saison ohne Beschädigungen überstanden.
So weit so gut. Bevor losgesegelt werden konnte, wartete wieder eine Menge Arbeit darauf erledigt zu werden. Unter anderem mußten alle Batterien gewechselt und ein neuer Fäkalientank (diesmal aus Kunststoff) eingebaut werden.
Da das Wetter nicht so wollte wie es sollte, verbrachten wir Weihnachten sowie den Jahreswechsel gemeinsam mit anderen Seglern in Le Marin. Erst Anfang Januar konnte ein Wetterfenster genutzt werden, um Richtung Süden aufzubrechen. Nach kurzen Aufenthalten an verschiedenen Orten auf St Lucia (unter anderem konnte in der Rodney Bay der Start der ARC World verfolgt werden) sowie einem etwas längeren Stopp in Bequia ging es über Carriacou weiter nach Grenada, wo schließlich in der Pricley Bay der Anker fiel.
Bereits während des Törns zeigte sich, daß die vor einem Jahr durchgeführte Abdichtung des Stevenrohrs nicht mehr richtig hielt. Außerdem waren die aus Devin bestehenden Ruderlager wieder so gequollen, daß sich das Rad nur mit großer Kraftanstrengung bewegen ließ. Damit stand fest, ohne Reparatur dieser Schäden ist eine Weiterreise nicht möglich.
Im März wurde deshalb „SPICA“, nachdem Ilona den Heimflug nach Berlin angetreten hatte, in die nahegelegene Werft verlegt und dort repariert. Über diesen Aufenthalt ließe sich ein längerer Bericht verfassen. Nur so viel sei gesagt, man brauchte viel Geduld, starke Nerven und genügend Tabletten für den Blutdruck.
Endlich, nach fast 4 Wochen kam der Travellift und brachte das Boot sicher zurück ins Wasser. In den folgenden Wochen erfolgten, nun vor Anker liegend, diverse Nacharbeiten sowie ein Refit der Inneneinrichtung und des Cockpits. Endlich war alles fertig und „SPICA“ sah nach dieser Verjüngungskur wieder recht passabel aus.
Da die „Crew“ ja schon seit März zuhause weilte und mit dem Abslippen der „Bijou“ beschäftigt war, erfolgte die Rückfahrt nach Martinique diesmal EINHAND. Anfang April begann ich mich deshalb wieder genauer mit dem Wetter zu beschäftigen. Bisher kam der Wind fast nur aus ENE was eine Reise Richtung Nord ausschloß. Es mußte eine Phase abgewartet werden, bei welcher eine Richtungsänderung zumindest um ein paar Grad Richtung ESE erfolgte. Endlich, am 9. April zeigten die von „Wetterwelt“ gesendeten Grib Daten das Gewünschte an: Wind aus 95° mit 4-5 Bft, See 2m; Periode 7s. Das galt es zu nutzen.
Am folgenden Tag hieß es morgens Anker auf um zum Ausklarieren zur Inselhauptstadt zu verlegen. Schon 3 Stunden später fiel dann das Grundeisen in der Bucht von St. Georges vor traumhafter Kulisse.
Das nächste Ziel hieß Carriacou. Zu beachten war bei dieser und den folgenden Etappen Richtung Nord der Strom, welcher zwischen den Inseln der kleinen Antillen teilweise mit 2-3 Knoten setzt, was bedeutet, daß nochmals 10°-15° vorzuhalten sind, um annähernd auf der Kurslinie zu bleiben.
Der ersten Stunden dieser Etappe verliefen zunächst relativ ruhig. Teils nur unter Motor bzw. mit Fock und Groß (2. Reff) ging es entlang der Leeküste von Grenada. Entspannen konnte man jedoch nicht. Ständig mußte mit Fallböen gerechnet werden, welche von
den Bergen und besonders dem fast 2000m hohen Vulkan mit Sturmstärke einfallen konnten. Die Vorsicht das Groß nur bis zum 2.Reff zu setzen war berechtigt. Zweimal hat es „SPICA“ erwischt und sie lag fast platt auf dem Wasser.
Nach Passage dieser tückischen Strecke konnte das Groß bis Reff 1 durchgesetzt werden. Bereits 2 Stunden später war wieder Schluß mit ruhigem segeln. Der Wind drehte zu meinem großen Ärger zurück! Zunächst auf 90°, dann 88°und schließlich 85°. Die See zeigte in der Passage zwischen den Inseln zudem weiße Kämme und wurde sehr grob. Was tun? Noch weiter Höhe kitzeln war nicht möglich. „SPICA“ lag schon mit etwa 30° Krängung auf Bb Bug und knallte schwer in die Wellen.
Nach Konsultation GPS und Seekarte beschloß ich, abzufallen und als neues Ziel die Süd- westküste von Union mit einer dort befindlichen kleinen Ankerbucht anzulaufen. Nur etwa eine Stunde ging das gut, dann drehte der Wind weiter zurück auf 80°, dann 75°! Die starke Hackerei setzte wieder ein. Es war zum verzweifeln.
Wieder runter an den Naviplatz. Die Geschwindigkeit war auf 2 Knoten Fahrt über Grund zurückgegangen; Entfernung bis zum Ankerplatz 17 Meilen. Den augenblicklichen Kurs bei- zubehalten bzw. zu kreuzen machte keinen Sinn, da erst nach Einbruch der Dunkelheit die Bucht erreicht worden wäre und außerdem das Boot zu sehr beansprucht würde.
Carriacou lag an Stb in einer Entfernung von 6 Meilen. Ich entschied mich deshalb zu einer neuerlichen Kursänderung. Es folgte eine Wende und dann ging es hart am Wind, diesmal auf Stb Bug, zum ursprünglich geplanten Ziel. Nach 2 Stunden fiel schließlich in der Tyrell Bay um 14 Uhr auf 7m Wassertiefe der Anker. 14.05 Uhr wurde der Anleger getrunken und 14.10 Uhr folgte ein Erfrischungs- und Entspannungsbad im 28°C warmen Wasser bei einer Außentemperatur von 32°C – das war ja wohl verdient.
Das nächste Ziel, Bequia, wurde ohne Probleme am folgenden Tag erreicht. Der Anker fiel relativ weit draußen in der Princess Margret Bucht, da es dort relativ ruhig und das Wasser glasklar ist. Allerdings ist der mit dem Dinghi zurückzulegende Weg vom Ankerplatz in den Ort recht lang.
Das bekam ich zu spüren, als ich nach einem Landgang am Steg feststellen mußte, daß der Schlüssel für den AB nicht zu finden war. Es begann ein emsiges aber leider erfolgloses suchen. Resultat: Die 2 Meilen zum Boot mußten bei stockdunkler Nacht zurück gerudert werden (Die Segler, welche mit zum Essen waren, hatten leider vorher schon abgelegt und befanden sich außer Rufweite). Ein kleiner Trost blieb, die See war ruhig.
An Bord fand sich zum Glück der Reserveschlüssel, so daß ich am nächsten Tag mit Motor zurück an Land fahren konnte. Das verlorengegangene Exemplar wartete schon in der am Vorabend besuchten Gaststätte.
Von Bequia ging es weiter nach St. Lucia, vorbei an der West- und damit Leeküste von St. Vincent.
Die erste Passage zwischen Bequia und St.Vincent verlief wieder ruhig. Nur ein großer Musikdampfer mit Ziel Kingstown kreuzte in geringer Entfernung den Kurs.
Sobald „SPICA“ in die Abdeckung der Insel kam herrschte fast schlagartig Windstille. Ab dieser Stelle mußte bis zum Erreichen der Passage nach St. Lucia motort werden.
Also- Griff zum Schaltpaneel, Schlüssel eingesteckt, Schalter für Anlasser gedreht und – der
Motor springt nicht an. Kann ja mal passieren. Zweiter Versuch- und wieder kein Geräusch aus dem Motorraum. Langsam wird klar, hier ist etwas faul !
Wir trieben mit etwa einem halben Knoten in einer Meile Abstand entlang der Küste. Der Blick zum Himmel zeigte, daß wetterseitig vorerst nichts Schlimmes zu erwarten war. Also konnte die Fehlersuche beginnen. Als erstes: Kontrolle der Tankanzeige – der Zeiger stand auf halb voll. Danach Dieselfeinfilter am Motor geöffnet und siehe da, im Wasserabscheider war kein einziger Tropfen Treibstoff. Es blieb nun die Frage: Grobfilter, Förderpumpe oder Leitung defekt?
Um an den Grobfilter zu kommen, mußte die gesamte Backskiste ausgeräumt und das untere Bodenbrett aufgenommen werden. Also: Ran an den Speck. Nachdem die Kiste leergeräumt war, erfolgte, bewaffnet mit Akkuschrauber und Handwerkzeug, der Einstieg in den recht engen Raum. Es folgte die Demontage des Bodenbretts (im Hinterkopf der Gedanke-. Hoffentlich fällt der Deckel nicht zu, ich hatte vergessen den zu sichern).
Endlich konnte ich das Schauglas des Filters sehen und – es war gleichfalls leer!! ?? Beim ablegen eines Schraubenschlüssels auf den danebenliegenden Dieseltank gab es ein Geräusch, welches mich stutzen ließ. Nochmaliges klopfen an dem Edelstahlbehälter verriet, daß dieser leer sein mußte!
Offenbar war also die Tankanzeige defekt. Problem erkannt – Problem gebannt! Aus dem Vorratstank wurde Diesel in den Tagestank gepumpt. Anschließend Entlüften des Motors und nach mehrmaligem „hüsteln“ beim Starten lief dieser endlich wieder rund.
Das Werkzeug kam zurück an seinen Platz und die Backskiste wurde eingeräumt. Die Arbeiten waren nicht zu früh abgeschlossen, denn SPICA hatte fast das Ende der Leeküste erreicht. Es kam Wind auf, der im Folgenden rasch zu nahm. Mit 7 Knoten ging es schließlich weiter Richtung St.Lucia.
Seefahrt macht hungrig. Der Autopilot hatte die Steuerung übernommen und so blieb Zeit das Mittagessen zuzubereiten. Bei Seegang und starker Krängung kein allzu leichtes Unterfangen, da Geschirr und kardanisch aufgehängter Herd plötzlich einen eigenen Bewegungsdrang entwickelten. Aber schließlich war auch das geschafft. Es gab Schweinebraten aus der Büchse mit Kartoffelpüree, Pfeffersoße und Mischgemüse. Mir hat es geschmeckt.
Ein paar Stunden später kam St.Lucia mit den Pitons in Sicht. Der Anker fiel zunächst in Soufriere und am folgenden Tag in der Rodney Bay. Jetzt war wieder etwas relaxen angesagt. Ein Tagesausflug mit dem Bus in den Süden der Insel, einer Gegend, die noch nicht vom Massentourismus befallen ist, war dabei recht interessant.
Von der Marina in Le Marin kam eine e-mail mit dem Hinweis, daß der beantragte Liegeplatz reserviert sei und ich am kommenden Samstag 11,00 Uhr erwartet werde.
Um diese Zeit einhalten zu können beschloß ich, bereits einen Tag vorher nach Martinique zu segeln und vor St. Anne über Nacht zu Ankern.
Freitagmorgen um 6 Uhr klingelte der Wecker. Das Boot wurde für die letzte Etappe der Reise klargemacht. Vor der Überfahrt wollte ich aber noch tanken, da der Diesel auf St. Lucia billiger als in Martinique ist. Blick zum Himmel- Aus einer tiefliegenden Wolkendecke schüttet es gewaltig. Also zunächst abwarten. Gegen 9 Uhr klarte es endlich etwas auf und der Regen ließ nach.
Jetzt hieß es schnell Anker auf und Fahrt durch den schmalen Stich-Kanal zur dahinter liegenden Lagune mit der Marina-Tankstelle.
Der Anleger war jedoch bereits von einer großen Yacht belegt, die gleichfalls Diesel wollte. Ich mußte also warten und dabei langsam mit dem Boot Kreise ziehen, da ein festmachen an den für Megayachten bestimmten Pontons nicht möglich war. Auf meine Anfrage (nach einer halben Stunde) warum es nicht weiter geht erhielt ich die Antwort- der Schlüssel für die Kasse wird gesucht. Nach einer weiteren Stunde war das endlich auch geklärt. Die große Yacht wurde betankt und räumte anschließend den Platz. Nun konnten endlich auch die Tanks von „SPICA“ gefüllt werden.
Es folgte die Ausfahrt zurück in die Bucht. Leider setzte der Regen nun auch wieder ein und der Wind hatte zugelegt. Also hieß es wieder vor Anker gehen um die weitere Entwicklung abzuwarten.
Endlich, zwei Stunden später schien sich das Wetter zu bessern. Das folgende Ankermanöver verlief recht flott und dann ging es mit 7,5 Knoten nach Martinique. Am späten Nachmittag fiel vor St. Anne erneut das Grundeisen.
Auch der folgende Morgen zeigte sich wolkenverhangen und ab und an regnete es in Strömen.
Trotzdem mußte ich nun los um die festgelegte Ankunftszeit einzuhalten. Nachdem der Anker an Bord war, ging es die 3 Meilen unter Motor im gut ausgetonnten Fahrwasser zur Marina.
Dort angekommen erhielt ich zur großen Überraschung die Nachricht, daß „SPICA“ eine Woche zu früh sei und deshalb kein Platz zur Verfügung gestellt werden kann!?
Nach großem Palaver und erst nachdem ich die Marina Leitung mit ihrer eigenen e-mail konfrontierte, erhielt ich schließlich den zugesagten Liegeplatz. „SPICA“ wurde in den folgenden Tagen abgerüstet und mittels diverser Leinen und Fender gesichert. Anfang Mai war dann die Saison schon wieder vorbei. Es ging zurück nach Berlin.